Donnerstag, 21. Oktober 2010

Caspar David Friedrich- Der Mönch am Meer

Bildbeschreibung

Das um 1809/10 entstandene Bild des Künstlers Caspar David Friedrich mit dem Titel „Der Mönch am Meer“, ist in der Alten Nationalgalerie in Berlin zu sehen.

Es wurde vom Maler im Querformat mit Öl auf Leinwand gemalt und hat eine Größe von 110 x 171,5 cm.

Caspar David Friedrich stellte am 23. September 1810 erstmalig in einer Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste in Berlin dieses Bild und das Gemälde „Abtei im Eichwald“ sowie eine Zeichnung der Öffentlichkeit vor.

Die Bilder lösten ein lebhaftes Echo bei den Besuchern aus. Der Sohn des Deutschen Kaisers Wilhelm III, der damals 14 jährige Kronprinz kauften beide Gemälde und sie wurden so zum Preußischen Kulturbesitz. Mit der Abdankung des Deutschen Kaisers wurde seine Kunstsammlung verstaatlicht und ist seitdem Bestandteil der Sammlung der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz.

Die ursprüngliche Originalrahmung des Gemäldes „Der Mönch am Meer“ kann hier nicht nachgewiesen werden, wobei jedoch die ästhetische Wirkung eines Bilderrahmens von großer Bedeutung für die künstlerische Ausdruckskraft des Werkes ist. Es wäre noch zu prüfen, ob die derzeitige Rahmung des Gemäldes in der Alten Nationalgalerie der ursprünglichen Form entspricht. Erfreulicherweise sind die Bilder „Der Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“ nebeneinander an einer Wand präsentiert und stehen in einer eindrucksvollen ästhetischen Korrespondenz.

Wie das historisch Dokument eines Verzeichnisses der Werke der damaligen Akademieausstellung ausweist (siehe Anlage) hatten die Landschaftsgemälde noch keine Titel.

Das Gemälde zeigt den weiten Luftraum einer romantischen Seelandschaft in Normalperspektive. Der mit dichten Wolken behangende Himmel ist im oberen Bereich aufgeklart. Das Meer wird durch einen unruhigen Wellengang bewegt.

Im Vordergrund erstreckt sich dis Darstellung des Strandes als heller leicht geschwungener Landstreifen mit kleinen Einbuchtungen worauf ein stehender, dunkel gekleideter Mann sehnsüchtig seinen Blick ins Weite schweben lässt.

Das Bild wird von diesem einsamen sich am Lande befindenden Mann mittleren Alters dominiert, welcher in Gedanken versunken auf das Meer und in den weiten Horizont blickt. Er trägt ein langes braunes Gewand eines Mönches, welches bis auf den Boden wallt. Ab der Höhe des Knies der schlanken Erscheinung schwingt eine große Falte als markante Drapierung an seinem Körper hinab. Die in Gedanken versunkene Figur steht in einem verlorenen Profil fast ganz dem Meer hingewandt barfuss am Strand, wobei seine linke Hand seinen rechten Unterarm stützt. Sein rechter Unterarm ist nicht sichtbar vor seinem Körper verschränkt. Seine angespannte, gebogene Körperhaltung wirkt spannungsvoll im Verhältnis zur ruhigen Armhaltung. Sein schütteres blondes Haar, ein Teil seines Ohrs, und ein Teil seiner Hand charakterisieren diese Figur, die in einer schrägen Halbperspektive als Rückenfigur unterhalb der Horizontlinie dargestellt ist.

Der Mann steht etwa 1/3 der Bildbreite zum linken und 2/3 der Bildbreite zum rechten Bildrahmen etwas unterhalb des tief liegenden Horizontes. Die Figur des Mönchs schafft in dieser Komposition das Gleichgewicht. Würde man ihn nur etwas weiter nach links oder rechts verlagern, würde die ausgewogene Gesamtkomposition des Bildes aus dem Gleichgewicht geraten.

Die im lichten Ocker gemalte Strandoberfläche offenbart sich beim näheren hinschauen als die Oberfläche einer zum Meer aufsteigenden Düne. Es ist ein leerer, öder und trostloser Strand, ohne Gewächse oder markante Steine, Muscheln oder anderem. Die Wasserbegrenzung ist verdeckt, so dass der Betrachter nicht weiß, wie tief der unsichtbare Abhang zum Meer ist. Dünne Linien markieren die Wellen im Sand. Der Sand erhellt sich vom Lichtschein der aufgeklarten Wolkendecke im oberen Teil des Bildes. Die gespenstigen Wolken werfen Schatten auf den klaren Sandstrand.

Bei der Abbildung des Strandes, so steht von Johannes Grave in „Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland“, Band 6, Prestel Verlang, 2006 auf Seite 481 geschrieben, habe sich C. D. Friedrich an seiner eigenen Grafik von 1801 „An der Südküste von Rügen“ orientierte:

„ Mit optischen Hilfsmitteln- Fernrohr oder Camera obscura- konnte C. D. Friedrich den Rügener Strand „unverfälscht“ gezeichnet haben. Das war Vorraussetzung, um die Zeichnung- mit Hilfe der Quadrierung- in Landschaftskompositionen zu übertragen. Den Vordergrund seiner Federzeichnung vom 17. August 1801 fügte Friedrich tatsächlich Jahre später in das Gemälde „Mönch am Meer“, wo er die Basis zur Konstruktion einer radikalen Bildstruktur bot.“

Da es zur damaligen Zeit noch keine optischen Instrumente wie Fotoapparat oder Kamera gab, die wir heute kennen, benutzte der Künstler bei seinem Streben nach Genauigkeit der Landschaftsdarstellung die optischen Hilfsmittel seiner Zeit. Damit wird deutlich, dass für ihn das naturwissenschaftliche Herangehen mit künstlerischen Mitteln in seinem Gesamtschaffen eine bedeutende Rolle spielte.

Die Auswirkungen der französischen Aufklärung in Deutschland erfasste auch C. D. Friedrich. Mit Hilfe der Quadrierung in der Landschaftskomposition wollte der Künstler sein Streben nach Erkennbarkeit der Welt bildhaft werden lassen.

In diesem Zusammenhang ist auch das Gemälde „Das Große Gehege bei Dresden“, im Spätwerk um 1832 entstanden, von Bedeutung. Hier ist unverkennbar, dass der Blick des Künstlers, der wie durch das Weitwinkelobjektiv einer Kamera auf die Landschaft gerichtet ist, für den Betrachter nachvollziehbar wird.

So ist auch die Formulierung von Heinrich von Kleist in seinem Essay „Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft“ in „Berliner Abendblätter“ vom 13. Oktober 1810 zu verstehen. Er schrieb „ Das Bild liegt, mit seinen zwei oder drei geheimnisvollen Gegenständen, die die Apokalypse darstellen, …, und da ist, in seiner Einförmigkeit und Uferlosigkeit, nichts, als den Rahm, zum Vordergrund hat, so ist es, wenn man es betrachtet, also ob Einen die Augenlieder weg geschnitten wären!“ (Siehe: Anlage)

Der Blick des Malers drängt ihn zu einer Bildgestaltung, die den Betrachter in eine panoramahafte Weite hineinzieht und ihm damit am Erkenntnisstreben des Künstlers teilnehmen lässt.

Der Himmel nimmt den größten Raum des Bildes mit etwa 4/5 der Bildhöhe ein und stößt auf die gerade Linie des Horizontes. Ein kompaktes Wolkengebilde ist gesättigt von der regenschweren Nässe eines heraufziehenden Unwetters. Die Valeurs geben diesem Wolkenbereich eine voluminöse Körperlichkeit. Die Farben und das Licht lassen auf einen Sonnenuntergang schließen. Das Aufsteigen eines bedrohlichen Himmels wirkt sehr erhaben.

Der obere Rand Linie des Randes der dunklen Wolkenzone buchtet sich abwärts wie der Flügel einer waagerecht liegenden Hyperbel in Richtung des Mönches und zeigt auf den Mönch als geistiger Blickpunkt. Die Strandlinie dagegen drängt symmetrisch aufwärts.

„Horizontale Streifen bestimmen die Darstellung, wobei sich der Verlauf des Strandes und der Wolkenraum wie die beiden gegenläufige Zweige einer Hyperbel zueinander verhalten. Auf jede Rahmung innerhalb des Bildes wurde ebenso verzichtet wie auf eine Erschließung der Tiefenraumes.“

(Siehe: Michael Thimann, In: Geschichte der bildenden Kunst Deutschlands, S. 404)

Wie ein Keil scheint durch zwei Wolkenlöcher der Himmel als hellster Lichtpunkt hervor. Über dem kleinen, unscheinbaren hellen Kopf des Mönches, öffnet sich ein heller Wolkenkreis, welcher als Erleuchtungssymbol für das „kleine Menschlein“ in Erscheinung tritt. Die Größe der Natur erscheint in Erhabenheit gegenüber dem „kleinen Menschlein“ und dennoch fühlt man sich nicht deprimiert.

Aus verschiedenen Quellen lässt sich zurückverfolgen, dass der Mönch portraitähnliche Züge von Caspar David Friedrich trägt.

Interessant war es auch zu erlesen, dass anhand von Röntgenuntersuchungen von Museologen festgestellt werden konnte, dass ursprünglich anstelle des „Mönches“ zwei Figuren platziert waren, die später von ihm übermalt wurden. Sie stellten Faust Mephisto und den Pudel dar und bezogen sich auf eine zeitgenössische Grafik

von Friedrich August Moritz Retzsch, (1779 – 1857), Umrisse zu Goethes Faust 1808/10, Tafel 2 der Ausgabe von 1830: Osterspaziergang Fausts mit Wagner.

Wie bereits erwähnt, hatte das Gemälde bei seiner ersten öffentlichen Präsentation noch keinen Titel. Bei den Erläuterungen und polemischen Diskussionen zu dem betreffenden Werk, wurde die zentrale Figur als Einsiedler, Kapuziner und später verbindlich als Mönch bezeichnet. Das Interesse der Öffentlichkeit am zeitgenössischen Stellenwert der Religion wurde damit offenbart. Der Mönch wurde als eine romantische und exotische Figur empfunden, die sich mit aller Konsequenz der Religion hingab. Sie war eine Symbolfigur für ein absolutes Bekenntnis zu Gott.

C. D. Friedrich, der tief religiös war, bekannte sich mit dieser „heiligen menschlichen Figur“ zu seinem eigenen Glauben. Diese Figur war damit auch ein Zeichen für das orthodoxe Christentum, jedoch ist diese menschliche Figur keine Staffage, sondern eine ideelle Komponente in dem beeindruckenden Bild einer Seelandschaft, weil sie ein neues Religionsverständnis beim Betrachter provoziert.

Davon berührt und angeregt beschäftigte sich auch der romantische deutsche Dichter

Heinrich von Kleist mit Friedrichs Malerei. Über den Mönch schrieb der Dichter 1810

in der Zeitung „Phöbus“:

„Diese Staffage….ist nicht wie bei den ordinären Herrn Malern ein bloßer Maßstab für die Höhe der Gegenstände. Er ist die Sache selbst, er ist das Bild, und indem er in diese Gegend wie in einen traurigen Spiegel seiner eigenen Abgeschlossenheit hineinzuträumen scheint, scheint das Schifflose, einschließende Meer, das ihn wie ein Gelübde beschränkt, und das öde Sandufer, das freudlos wie sein Leben ist, ihm wieder eine einsame, von sich selbst weissagende Uferpflanze symbolisch hervorzutreiben.“

Für den Künstler liegt so die Erhabenheit des Göttlichen in der Landschaft, in der Kraft der Unendlichkeit der Natur.

Bei längeren intensiven Betrachten des Werkes, wirkt der tiefdunkle Streifen des Meeres wie ein unendlich tiefer, dunkler Raum. Die neuesten kunstwissenschaftlichen Interpretationen werten die Bildwirkung als eine Darstellung der Leere und des Nichts. In der Landschaftsatmosphäre wirkt der Mönch wie ein Gottsucher. Wie ein Mensch, der in der Unendlichkeit nach einem ideellen Halt, nach einer Offenbarung, nach einer allgemeinen Auferstehung menschlicher Werte in der Natur sucht.

Damit provozierte C. D. Friedrich im Sinne der französischen Aufklärung gegen konventionelle Religionsvorstellungen und bekannte sich besonders intensiv mit diesem Bild zur Erhabenheit des Göttlichen in der Natur, zur Philosophie des „Panteismus“

Das „Markenzeichen“ der Figurendarstellungen bei C. D. Friedrich ist vorrangig die Rückenansicht der im Bild dargestellten Menschen. Das lässt sich in fast allen Bildern mit menschlichen Figuren nachweisen. Der Betrachter hat das Empfinden, als blicke er der Rückenfigur über die Schulter, um somit die Landschaft in ihrer ganzen Erhabenheit zu erleben.

C. D. Friedrich drückt damit seinen Standpunkt zur Gesellschaft aus und setzt die Rückenfigur als Symbol seiner Auffassung gegenüber menschlicher Selbstherrlichkeit ein. Er wendet der Gesellschaft somit den Rücken zu und konzentriert den Blick des Betrachters auf das Landschaftsbild.

In vielen Gemälden Friedrichs spielen Schiffsdarstellungen eine zentrale Rolle. Mit diesen Schiffsdarstellungen assoziierte er den Kreislauf des Lebens in seiner ganz eigenen Empfindung. So behandelt er ankommende Schiffe als eine Assoziation der Geburt und als Eintreffen aus dem Ungewissen, wogegen abfahrende Schiffe die Vergänglichkeit und den Tod widerspiegeln. Auch in dem Gemälde „Mönch am Meer“ konnten durch Röntgenuntersuchungen auf der rechten Bildhälfte am Horizont auf dem Meer die Maste zweier Segelschiffe nachgewiesen werden. Dieses ursprüngliche Bildmotiv wurde von ihm übermalt, um die Landschaftsstimmung im Sinne der philosophischen Aussage der „Gottsuche“ zu verallgemeinern.

Die Frau des damals bekannten Malers Gerhard von Kügelgen schrieb dazu sehr kritisch in einem Brief von 1805:

„Ein großes Bild in Öl sah ich auch, welches meine Seele gar nicht anspricht. Ein weiter, unendlicher Luftraum. Darunter das unruhige Meer und im Vordergrund ein Streifen hellen Landes, wo ein dunkel gekleideter oder verhüllter Eremit umherschleicht. Der Himmel ist rein und gleichgültig ruhig, kein Sturm, keine Sonne, kein Mond, kein Gewitter- ja, ein Gewitter wäre mir ein Trost und Genuss, dann sähe man doch Leben und Bewegung irgendwo. Auf der ewigen Meeresfläche sieht man kein Boot, kein Schiff, nicht einmal ein Seeungeheuer, und im Sand keimt auch nicht ein grüner Halm, nur einige Möwen flattern umher und machen die Einsamkeit noch einsamer und grausiger.“

An diesem doch so treffenden Beispiel kann man sehen, wie umstritten man mit Friedrichs Gemälde umgegangen ist. Für die Menschen dieser Zeit war dieses Grau, dieses Trockene sehr schockierend. Keine Idylle, keine weitschweifig erzählerische Darstellung, wurden dem Betrachter geboten so wie es die Mode der Malerei dieser Zeit doch vorschrieb.

Meisterhafte Farb- und Lichtgestaltung in diesem Werk sind doch unübersehbar.

Die dunkle Wolkenwand in Farbmischungen von Kadmiumorange, Ultramarin und lichtem Ocker und Paynes Grau, mit bizarren, gespenstigen Binnenzeichnungen, löst sich in der Hälfte der Bildhöhe zu leichten Schäfchenwolken auf, welche in Farbtönen wie Graublau, Umbra Natur, Ultramarin- und Kobaltblau erscheinen. Am oberen Bildrand ist der Himmel lichtblau und gewinnt an Helligkeit in der Tiefe des Bildraumes. Der Rand der Wolkenwand vor dem aufgehellten Himmel ist bizarr, aufgerissen und aufgelöst.

Die Lichtquelle ist die verdeckte Sonne. Sie liegt hinter der dunklen Wolkenwand und bestrahlt das weite Himmelsall.

Die Erhöhung und Vertiefung des Raumes erfolgt durch den niedrig gelegten Horizont. Durch die verblassende Farbgebung als Bildgestaltung der Entfernung weitet sich der Raum.

Das Meer hat die tiefste Dunkelheit im Bild, welches sich in warmen, dunklen tiefblauen Farbtönen, wie ein dunkles Band durchgehend vor den gesamten Horizont zieht. Die leichten Wellen sind sparsam angedeutet und verlaufen parallel zum unteren Bildrand. Kleine weiße Schaumkronen der Wellenkämme lockern die düstere, bedrohlich wirkende Suggestion des Meeres auf. Vor der dunklen Meerfläche und dem dunstigem Horizont wirken die fliegenden Möwen wie kleine weiße Punkte. Die Möwen gruppieren sich im Raum in der Nähe der Figur und dabei fast flächenförmig zur Figur des Mönches. Aus der Tiefe des Raumes kommend, konzentrieren sich diese Meeresvögel auf die dunkle Gestalt des Mönches am Ufer.

Bilddeutung

Caspar David Friedrich wurde am 5. September 1774 in Greifswald als Sohn des Seifensieders Johann Gottlieb Friedrich in Greifswald geboren.

Alle Probleme, die aus Friedrichs Werke erwachsen, alle Fragen nach dem ursprünglichen Sinn seiner Bilder, ihrem ideellen und ikonographischen Gehalt, weisen letztlich auf das Leben des Künstlers zurück, wie es sich in der gesellschaftlichen Schaffenszeit entfaltete. Früh schon war ihm der Tod begegnet. Lebenslang ließ ihn die Erinnerung an seinen Bruder nicht mehr los, der ihm einst das Leben gerettet hatte und dabei selbst im Eise ertrank.

Caspar David Friedrich ist einer der bedeutendsten Maler der deutschen Romantik.

Stellt man sich die Frage, warum Friedrichs Kunst in seiner Zeit oft nicht verstanden wurde, so ist seiner neuen Darstellungsweise zuzuschreiben.

Im 19. Jahrhundert orientierte man sich sehr an der italienischen Kunst. So entwickelte sich die „Nazarenische Kunst“, eine romantisch-religiöse Kunstrichtung. In dieser Kunstrichtung setzten es sich deutsche Künstler zum Ziele, die Kunst im Geist des Christentums aus der Wiederentdeckung alter italienischer und deutscher Kunst heraus zu erneuern. Die Vertreter dieser Stilrichtung, die man als „Nazarener“ bezeichnete, standen überwiegend dem Katholizismus nahe.

Auch Friedrich war stark religiös geprägt, doch hatte er keinen Bezug zu Italien. Er mochte diese erzählerische Malweise nicht. Friedrich sah seine Religion in der Natur. Er brauchte keine erzählerische Darstellungsweise, keine idyllischen Landschaften, so wie sie zu dieser Zeit die Mode beeinflussten. Um seine Stimmungen und Empfindungen ausdrücken zu können, bedürfe es keine fassbare Gottesfigur.

Seine Überzeugung war, das Göttliche ist überall, auch im Sandkorn.

Er wandte sich als Maler der Natur in einer ganz neuen Weise zu. Hierbei ging es ihm nicht nur um die Abbildungen des äußerlich Sichtbaren.

„ Der Maler soll nicht malen, was er vor sich sieht, sondern was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er lieber zu malen, was er vor sich sieht.“, so ein Zitat Friedrichs. Mit jedem Gemälde fordert er den Betrachter auf, am Erlebnis der Landschaft teilzuhaben, Ehrfurcht zu haben vor dem Geheimnis der Natur.

Das Bild „Kreuz im Gebirge“ von wirkt nicht nur durch seinen pompösen, goldenen

und reich verzierten Rahmen wie ein Altarbild aus einer Kirche. Das auf einer Bergkuppe dargestellte hoch aufragende Kreuz vermittelt eine religiöse Erhabenheit, die bisher nur dem Inneren eines Kirchenraumes vorbehalten blieb. Doch hier wurde die sakrale Funktion der Kunst von C.D. Friedrich „verweltlicht“.

Zum anderen wurden mit dieser Bildwirkung die Klischees zeitgenössischer religiöser Gemälde provokativ durchbrochen (z.B. die der „Nazarener“).

Mit dem Gemälde wurde zum ersten Mal in der religiösen Malerei die Landschaft zum Hauptgegenstand. Bisher war sie nur Kulisse und Hintergrund. Menschen und Götter beherrschten den Vordergrund. Die Religion wirkt jetzt nicht mehr so naiv, sie hat sich verinnerlicht. Die Zeit der christlichen Historienmalerei wurde hiermit endgültig abgelöst. “Wir müssen Gott in einer Schöpfung suchen“, sagte ein Anhänger Friedrichs.

C.D. Friedrich hat einen ganz neuen Weg in der Malerei gefunden. Der patriotisch geprägte Maler malte die Landschaft inspiriert aus ihrem Original.

Man sagt, Friedrich malte dabei seine eigenen Allegorien.

C.D. Friedrich malte in seine Naturspektakel seine eigenen Gefühle, seine eigenen Metaphern mit hinein. Sei es die Religion oder die Politik. Seine Bilder sind demzufolge keine Abbilder der Natur, sondern sie vergegenständlichen das Unfassbare, das metaphysische Empfinden. Galt er ca. 50 Jahre nach seinem Tode bereits als vergessen, so haben seine bedeutenden Werke sich nicht zuletzt wegen seiner ehrlichen und realistisch- emotionalen Darstellungsweise wieder in Erinnerung rufen können.

Sein Gemälde „Das Riesengebirge“ von 1830- 35 vermittelt Besinnlichkeit, Ruhe, Abendruhe, die Ruhe des weiten Himmels, die Ruhe der Bergnatur. Die Art des Lichtes vermittelt mir das Gefühl des Sonnenuntergangs. Der Nebel zwischen den Bergen vermittelt Kühle und Wärme zugleich. Die Stimmung geht über von einer dunstigen Landschaft in eine Nebelstimmung. Das Licht wirkt wie ein fließendes Licht, wodurch dieses Leuchten in der Landschaft erzeugt wird. Auch dieses Bild rückt in eine geistige Welt aus. Es suggeriert Weite/ Ferne- Unendliches. Die Sinne fliegen in den Raum. Es gibt keinen Anfang und kein Ende der Natur. Der Betrachter ist befreit und zugleich verunsichert. Die Verunsicherung beängstigt die Menschen. Man fragt sich, wo ist die Wahrheit, gibt es die Wahrheit überhaupt. Wo ist der Halt im Leben? Gibt es einen Halt?

Diese und ähnliche Empfindungen werden wohl auch die Menschen dieser Zeit bei der Betrachtung seiner Bilder gehabt haben. Friedrich macht auf die Vergänglichkeit aufmerksam. Er zeigt es in der Tiefe seiner Bilder. Auch beim „Mönch am Meer“ macht er auf diese Tiefe, auf diese Vergänglichkeit aufmerksam.

Als Mittel der Ausdruckskraft spielen seine Wolkendarstellungen eine große Rolle. Neben seinen Rückenfiguren, die er häufig als Staffagefiguren aber auch zum Ausdruck seiner Stellung zur Menschheit benutzte, seiner Farbperspektive, oder auch der Staffelung der Bergkämme, benutzte er seine Wolkendarstellungen, um die Bildtiefe seiner Gemälde zu suggerieren. Ohne diese Wolken kann ich als Betrachter den Himmel, das Meer und die Landschaft nicht erklären.

„Den Tag, wo er Luft malt, da darf man nicht mit ihm reden“, so ein Zitat seiner Frau. Wie sehr muss er hier in seine Welt versunken gewesen sein.

Goethe stand den konkreten Wolkendarstellungen bei C.D. Friedrich kritisch gegenüber. Er wünschte „wissenschaftliche“ Betrachtung und Darstellung der Wolken, gemäß dem System des Meteorologen Luke Howend. Doch C. D. Friedrich fand diese direkte wissenschaftliche Zielsetzung in der Kunst „unangemessen“.

Viele Kunstkenner und Künstler sahen in C.D. Friedrich andererseits nur einen schwermütigen Mystiker, der in der Natur nur die Zeichen seiner eigenen Seelenzustände suchte. Sie sahen nicht sein treues und gewissenhaftes Naturstudium als eine besondere Art der Suche nach KÜNSTLERISCHEN Erkenntnissen.

Das Gemälde „Mönch am Meer“ hat im Gesamtschaffen des Künstlers einen besonderen Platz , der durch die Vergleiche mit anderen Werken deutlich werden sollte.

Wie im Katalog von 2004 des Kleist-Museums in Frankfurt (Oder) zu einer umfassenden Ausstellung über das Gemälde „Der Mönch am Meer“ dokumentiert, schrieb der Künstler selbst zu seinem Bild:

„Da hier nun einmal von Beschreibung die Rede ist, so will ich Ihnen eins meiner Beschreibungen mitteilen, über eins meiner Bilder so ich unlängst vollendet habe; oder eigentlich, meine Gedanken, über ein Bild; den Beschreibung kann es wohl nicht genannt werden. Es ist nemlich ein Seestück, Vorne ein öder sandiger Strand, dann, das bewegte Meer, und so die Luft. Am Strande geht Tiefsinnig ein Mann, im schwarzen Gewande; Möwen fliegen ängstlich schreient um ihn her, als wollen sie ihm warnen, sich nicht auf ungestümmen Meer zu wagen.- Dies war die Beschreibung, nun kommen die Gedanken:

Und sännest Du auch vom Morgen bis zum Abend, vom Abend bis zur sinkenden Mitternacht; dennoch würdest du nicht ersinnen, nicht ergründen, das unerforschliche Jenseits!

Mit übermüthigem Dünkel, wennest du der Nachwelt ein Licht zu werden, zu enträzlen der Zukunft Dunkelheit! Was heilige Ahndung nur ist, nur im Glauben gesehen und erkannt; endlich klar zu wissen und zu verstehn!

Tief zwar sind deine Fußstapfen am öden sandigen Strandte; doch ein leiser Wind weht darüber hin, und deine Spuhr wird nicht mehr gesehen: Thörigten Mensch voll eitlem Dünkel!“

C.D. Friedrich beschreibt hier die Menschheit als vergänglich und unscheinbar in dieser doch so unendlichen Welt. Umso beeindruckender ist, dass das, wofür er die Menschheit als eitel und überschätzt verurteilt, gerade in seiner Malerei als Herausforderung geblieben ist.

Denn seine Fußstapfen als Künstler sind es, die bis heute nicht verweht und umso erhabener als Kunst im Sande der Menschheit geblieben sind. So werden diese wohl noch von vielen Generationen beeindruckt verfolgt werden können.

Antonia Thiemann

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